Auf dem denkmalgeschützten Hof werden Spuren sichtbar, tauchen historische Objekte auf, ist Geschichte immer präsent. Einige Lebensgeschichten haben wir schon gehört und sie haben uns bewegt.

spätes Mittelalter

Rittersitz des Adelsgeschlecht derer von Barfus

Zum ersten Mal urkundlich erwähnt wird das Dorf Prädikow im Jahre 1340, damals „Predicowe“. In dem Jahr gelangte die Adelsfamilie von Barfus in den Besitz der Dörfer Hohen- und Niederprädikow an der Kreuzung der bedeutenden Handels- und Heerstraßen zwischen Köpenick und dem Oderbruch und zwischen Müncheberg und Eberswalde. Die ursprünglich dreischiffige Dorfkirche stammt aus der Zeit Ende des 13. bis Anfang des 14. Jahrhunderts. Eine Urkunde aus dem Jahr 1400 bezeugt einen Prädikower Bergfried, die befestigte Anlage eines Rittersitzes. Im 15. Jahrhundert wird von vier Rittersitzen in und um Prädikow berichtet, einer davon soll sich auf dem jetzigen Hofgelände befunden haben.

Frühe Neuzeit

Prädikow im Besitz des Grafen Otto von Schwerin

Nach den Verwüstungen des 30jährigen Krieges (1618-1648) sah sich die Familie von Barfus gezwungen, den Besitz in Prädikow im Jahre 1670 an den Grafen Otto von Schwerin zu verkaufen, der ein Ritterhaus wieder aufbaute auf den Resten der zerstörten vorherigen Anlage. Möglicherweise befinden sich im Gewölbekeller des heutigen Gutshauses, das im 19. Jahrhundert gestaltet wurde, noch Fundamente des Barfus-Schwerin´schen Ritterhauses. Neben Scheunen und Ställen gab es in Prädikow ein Brauhaus und eine Schäferei, eine Schmiede und zwei Windmühlen.

18. Jahrhundert

Herrschaft der Familie Kamecke

Gut Prädikow als Wirtschaftshof von Schloss Prötzel - Herrschaft der Familie Kameke

Im 18. Jahrhundert wurde die Markschaft Brandenburg zur Kernprovinz Preußens, regiert von den Hohenzollern. Nach einem Prozess um die Rechtmäßigkeit des Verkaufs an Otto von Schwerin kam das Land 1701 in den Besitz der Adelsfamilie Kameke. Paul Anton von Kameke erwarb Prötzel und kaufte u.a. die vormals Barfusschen Güter Ober- und Niederprädikow hinzu. 1712 ließ er als repräsentativen Adelssitz ein Herrenhaus errichten, das so genannte Schloss Prötzel. Dazu gehörte der Wirtschaftshof in Prädikow, wo nun englische Arbeitsgeräte wie Pflug und Egge eingesetzt wurden. Nach Einführung von Vierfelderwirtschaft und Fruchtfolge zählte man auf Gut Prädikow rund 150 Kühe und 60 Ochsen.

19. - 20. Jahrhundert

Gut Prädikow unter der Herrschaft Eckardstein

1801 verkaufte die Familie Kameke Prötzel mit dem Schloss, Prädikow, Grunow, Reichenow, Sternebek und Harnekop und andere Ländereien an den Freiherrn Ernst Jakob von Eckardstein. Auf den Eckard´schen Ländereien wurde die Fruchtwechselfolge eingeführt. 1823 entstand neben einer Brauerei eine Brennerei, die „Destillationsanstalt für Branntwein“ und wurde zum Hauptwirtschaftszweig des Gutes. Prädikow hatte zu der Zeit rund 500 Einwohner und Einwohnerinnen. Bis zur Jahrhundertwende wurden neben dem Gutsverwalterhaus weitere Wirtschaftsgebäude in Feldstein- und Ziegelmauerwerk gebaut: Scheunen, Pferde- und Rinderställe, Schmiede, Stellmacherei, mehrere große Speicher für Getreide, Stroh und Heu. Der vierseitige Gutshof gehört zu den größten in Brandenburg. Anliegend wurden Vierfamilien-Gutsarbeiterhäuser mit Stallgebäuden und Waschhaus errichtet. Als autarker Betrieb verfügte die Domäne Prädikow zudem über Schäferei und Geflügelzucht, über ein Sägewerk, eine Ziegelei und Kohleabbau, über Obstplantagen und eine Gemüsegärtnerei mit Gewächshäusern, über ein Backhaus und ein Schlachthaus. Schloss Prötzel und das dazugehörige Wirtschaftsgut Prädikow blieben bis 1945 in der Herrschaft der Adelsfamilie; letzter Eigentümer war Arnold E.W. Freiherr von Eckardstein.

Zweiter Weltkrieg

Zweiter Weltkrieg - Flucht der Familie Eckardstein

Auch das heutige Märkisch-Oderland war Schauplatz des Terrors der Nationalsozialisten. Im nah gelegenen Strausberg befand sich eine Zweigstelle des KZ Sachsenhausen. Juden und Jüdinnen aus Strausberg, wo eine jüdische Gemeinde mit einer Synagoge ansässig war, wurden vertrieben oder ermordet. Auch in Prötzel hatte eine jüdische Familie gelebt, die der Synagogengemeinde Wriezen angehörte. Auf dem Gelände von Schloss Prötzel waren Kriegsgefangene sowie russische und ukrainische Zwangsarbeiter*innen untergebracht. Als im Frühjahr 1945 die Rote Armee vorrückte, floh die dem Nationalsozialismus eng verbundene Familie von Eckardstein in den Westen. Auf Prötzel und Prädikow, wo die deutsche Wehrmacht stationiert war, erfolgten russische Luftangriffe. Die meisten Einwohner und Einwohnerinnen von Prädikow flohen und kehrten erst nach Kriegsende zurück. Die sowjetische Armee richtete eine Kommandantur im Schweizerhaus auf Hof Prädikow ein.

Nachkriegszeit

Sowjetischen Besatzungszone

Bei Kriegsende kamen viele Flüchtlinge und Vertriebene aus dem Osten. Die Familie von Eckardstein wurde 1945/46 im Zuge der Bodenreform und der Kampagne „Junkernland in Bauernhand“ enteignet. Zunächst wurden Neubauernhofstellen für landlose Landarbeiter und Neusiedler in Prädikow geschaffen, aus deren Zusammenschluss in den 50er Jahren eine Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft entstehen sollte. 1948 überführte man das Gut Prädikow als Volkseigenes Gut (VEG) in das Eigentum des Staates – mit 600 Hektar Land und mit etwa 100 Arbeitern und Arbeiterinnen in der Landwirtschaft.

DDR

VEG Prädikow

Im Gutshaus, das im 19. Jahrhundert möglicherweise auf den Fundamenten eines um 1670 errichteten Ritterhauses gestaltet wurde und früher Sitz des Gutsverwalters der Familie Eckardstein war, befand sich die Wohnung des Direktors der VEG sowie Verwaltung, Betriebsküche und Speiseraum für die Gutsarbeiter und Arbeiterinnen.

Im Backhaus gab es einen Steinbackofen im Erdgeschoss, später Toiletten, oben waren kleine Wohnungen für Gutsarbeiter.

Der Pferdestall
(1892) beherbergte die Arbeitspferde und nach Aufkommen der Traktoren in den 70er Jahren die Reitpferde für die Gestütswärterausbildung, denn das VEG war Außenstelle des Landes- und Hauptgestütes Neustadt an der Dosse.

Die Alte Scheune
aus unbehauenem Feldstein, genutzt als Lager für Heu, Stroh und vermutlich Kartoffeln, darunter Eiskeller und Heizanlage für Gewächshäuser, verfiel nach Bombenschaden und wurde bis auf eine
Mauer abgerissen. Hinter der Alten Scheune befand sich die Gärtnerei mit drei großen Gewächshäusern, einem gläsernen Haupt- und zwei Seitenschiffen, abmontiert in den 80er Jahren. Früher standen kleinere Gewächshäuser hinter der Brennerei.

Die Große Scheune(1877) wurde bis 1970 als Schafstall genutzt, dann als Baulager.

Im Brennerhaus
wohnte die Familie des Brennmeisters.

In der Brennerei
(1823, im Laufe 19. Jhd. erfolgten Umbauten und
Erweiterung) wurde aus Kartoffeln und ab Anfang der 70er Jahre aus Getreide in Destillationskolonnen hochwertiger Alkohol produziert und anfangs im Umland verkauft, später an die Industrie geliefert. In der ebenfalls dort untergebrachten Flocknerei stellte man Kartoffelflocken als Viehfutter her.

In der Brauerei
wurde bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs Bier hergestellt, dann war sie Speichergebäude für Getreide.

Die Garagen
wurden zu DDR-Zeiten an der Stelle eines abgerissenen großen Getreidespeichers
errichtet.

In der Schmiede wurden anfangs v.a. Hufnägel und Hufeisen zum Beschlagen der Pferde geschmiedet, ab den 70er Jahren arbeiteten hier die Schlosser an Reparatur und Ersatzteilen der landwirtschaftlichen Maschinen.

In der Stellmacherei
(Ende 19. Jhd.) befand sich die Tischlerei.

Im Eckspeicher
wurde Korn gelagert.

Der Kornspeicher
diente zur Lagerung und Trocknung von Getreide auf mehreren Etagen.

Im Rinderstall
(1900) standen bis in die 60er Jahre 200 Kühe, nach Bau einer Stallanlage im Dorf nur noch Bullen.

Nebenan im Schweizer Haus
(1900) wohnten die Melker, mit Berufsbezeichnung „Schweizer“. Ab den 50er Jahren war das Haus zudem als Außenstelle vom Griesinger Krankenhaus
Berlin eine Heim für Alkoholkranke und Drogenabhängige, die zur Wiedereingliederung als Arbeitskräfte in den Ställen eingesetzt wurden.

Das Melkhaus diente der Lagerung von Milch in Wannen und ab Ende der 60er als Waschhaus.

Die Kleine Scheune (vermutlich 1904) wurde als Stroh- und Heulager genutzt.

Zum Volkseigenen Gut gehörte eine im Dorf gelegene Betriebskantine und Kneipe mit einer Theaterbühne, genutzt auch als Tanzsaal. Bis heute erinnern sich Alteingesessene an den Hof als sozialen Mittelpunkt von Prädikow, als „Herz des Dorfes“ – so eine Zeitzeugin.

Fotos: Familie Herrmann Prädikow

Hochzeit von Inge Herrmann, der Schwester des Brennmeisters, und Otto Hüske 1951

Hochzeitsgäste von Inge Herrmann und Otto Hüske in einer Kutsche auf Hof Prädikow 1951

Gewächshäuser für den Gemüseanbau des Hofes, erbaut Anfang der 1950er Jahre, demontiert Mitte der 70er Jahre

Die Wende

Das Ende von Gut Prädikow

Nach der Wende wurde der Hof von der Treuhandanstalt verwaltet. Viehwirtschaft und Ackerbau wurden weitergeführt, bis 1998 ein Großbauer die Landwirtschaft übernahm. 1999 fand sich ein Unternehmer, der die Brennerei samt Brennrechten kaufte. Noch einige Jahre wurde Alkohol produziert – weiterhin unter Leitung des hiesigen Brennmeisters, aber nun unter Aufsicht des bundesdeutschen Zolls. 2002 erfolgte die Stilllegung der Brennerei. Das gesamten Hofensemble mit seiner fast vollständig erhaltenen historischen Bausubstanz wurde inklusive der gemusterten Hofpflasterung 2003 unter Denkmalschutz gestellt. 2005 erwarb der Familienkreis Preuß den Hof mit dem Plan, ihn als Bildungs- und Kulturort neu zu beleben. Doch die staatliche Förderung blieb aus, das Vorhaben wurde aufgegeben.

ab 2016

Hof Prädikow als Gemeinschaftsort

Der Hof stand mittlerweile zum Verkauf und 2016 wurde ein inzwischen ehemaliges Mitglied der Hofgruppe, Rudolf Freundorfer auf den Hof aufmerksam. Rudi hatte bereits ein Wohnprojekt der SelbstBau e.G. und der Stiftung trias, das Stadtgut Blankenfelde, mit aufgebaut und nahm Bemühungen auf, diese Kooperation auch für Hof Prädikow zu initiieren.

Er und eine erste Kleingruppe aus 5 Menschen war erfolgreich und Ende 2016 konnte die Stiftung den Kaufvertrag über 9ha Gelände und 15 Gebäude unterschreiben. Die SelbstBau e.G. übernahm das Gelände in Erbbaupacht. Die Pioniergruppe wuchs und 2018 gründete sich der Verein Hof Prädikow e.V. Der Ausbau der Wohngebäude begann mit einem ersten Bauabschnitt bestehend aus Schweizer Haus, Verwalterhaus, Backhaus und Pferdestall, gleichzeitig wurde die Scheune entwickelt und saniert. Seither laufen viele Stränge parallel: Die Scheune wurde eröffnet, die ersten Co-Worker:innen arbeiten, Veranstaltungen finden statt, das Café bietet Kaffee an! Das Schweizer Haus ist seit November 2021 von 6 Parteien bezogen, im Herbst 2022 folgt der Einzug der neuen Bewohner:innen ins Verwalterhaus, das dank einer großzügigen Förderung durch das Bundesfamilienministeriums auch für altersgerechtes Wohnen hergerichtet wird.

 

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